Spaniens nächster Schritt zu einer Justiz 4.0: Einführung der digitalen Gerichtstafel

21.05.2021 - Sonia Gumpert Melgosa

Am 1. Juni 2021 machte die spanische Justiz einen weiteren Schritt auf dem Weg ihres Modernisierungs- und Digitalisierungsprozesses mit der Inbetriebnahme einer zentralisierten digitalen Gerichtstafel für Bekanntmachungen (Tablón Edictal Judicial Único, TEJU).

Die öffentliche Zustellung (notificación edictal), d.h. die Zustellung durch Bekanntmachung, ist die öffentliche Form der Zustellung, wenn die persönliche Zustellung erfolglos war. Bisher wurde dann der Papierausdruck der Gerichtsentscheidung an der Gerichtstafel angebracht. Dessen Tage sind nun gezählt. Seit dem 1. Juni 2021 erfolgen alle öffentlichen Bekanntmachungen digital an einem Ort, der digitalen Gerichtstafel TEJU. Deren Einführung war gesetzlich bereits seit Dezember 2018 vorgesehen, wurde jedoch erst in einem kürzlich erlassenen königlichen Dekret (RD 37/2021 vom 11. Mai) für ihre sofortige Inbetriebnahme umgesetzt.

Mit der Einführung des TEJU als elektronischer Publikation wird der spanische Staatsanzeiger (Boletín del Estado, BOE) um eine spezifisch geschaffene Beilage ergänzt. Das TEJU hat zwei Bereiche, einen für allgemeine gerichtliche Bekanntmachungen und einen für Bekanntmachungen zu spezifischen Gerichtssachen. Im TEJU werden die Entscheidungen, für die gesetzlich diese Bekanntmachungsform vorgesehen ist (z.B. Versteigerungen), sowie die verfahrensleitenden Bekanntmachungen veröffentlicht, die im Staatsanzeiger oder in den Anzeigern der Autonomen Regionen veröffentlicht werden müssen. Die Veröffentlichung erfolgt auszugsweise gemäß den verfahrensrechtlichen Bestimmungen.

Der Versand der Bekanntmachungen durch die Gerichtsorgane und die Verwaltung durch die für den Staatsanzeiger zuständige staatliche Behörde über automatisierte Systeme stellen die Authentizität der zu veröffentlichenden Dokumente sicher. Der Zugang zu dieser Beilage des TEJU ist ab ihrer Veröffentlichung für die ersten vier Monate über die Webseite des Staatsanzeigers kostenlos möglich, danach können Bekanntmachungen nur noch mit einer Prüfziffer eingesehen werden. Nach Ablauf dieser Frist werden sie zudem nur noch den Betroffenen oder ihren Vertretern, Gerichtsorganen, der Staatsanwaltschaft und dem Bürgerbeauftragten (Defensor del Pueblo) zugänglich gemacht. Speicherung, Aufbewahrung und Verarbeitung dieser Information sowie ihre Wiederherstellung und Indexierung erfolgen unter Einhaltung der Datenschutzvorschriften ebenfalls automatisch.

Das TEJU ist zweifelsohne ein Werkzeug, das eine bessere Verwaltung und Organisation der verfahrensrechtlichen Bekanntmachungen und somit des Verfahrens selbst ermöglicht, indem es die Informationen zentralisiert und ordnet und gleichzeitig beweiskräftig die Dokumentation des Datums der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung sicherstellt, ein wesentlicher Aspekt bei der Berechnung von Verfahrensfristen. Allerdings ist dies nur ein winziger Schritt auf dem langen Weg der Modernisierung und Digitalisierung, der noch vor unserer veralteten Justizverwaltung liegt, deren technologische Rückständigkeit heute angesichts des digitalen Wandels, den die Pandemie in allen (übrigen) Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigt hat, besonders markant hervortritt.